In der UG sind unglaublich viele Wesen Fantasiens zu sehen. Auf der anderen Seite konnten nicht alle Kreaturen aus der literarischen Vorlage umgesetzt werden. Es sollte ja realistisch wirken. Ob die Kreaturen nun den persönlichen Vorstellungen entsprechen oder nicht, lohnt wohl keiner Diskussion, es ist eher Geschmackssache. Im Film sehen wir eben die Interpretation des Produzententeams, insbesondere von Herrn Peterson und des Malers Ul de Rico. Von den vielen tollen Kreaturen will ich im folgenden auf

eingehen.

Der Glücksdrache Fuchur

Vom Glücksdrachen gab es im ersten Teil mindestens zwei Modelle. Das erste und wohl imposanteste Modell des ganzen Films ist ganze 15m lang, davon 4m allein der Schwanz. Bei einer derartigen Größe ist Fuchur nur noch in speziellen Teilen beweglich. Der 3m lange Hals ist freitragend und hält einen zwei Zentner schweren Kopf. Für die Konstruktion zeichnet sich Guiseppe Tortura verantworlich. Das Gerüst aus Flugzeugstahl bietet genügend Festigkeit der schweren Kopf zu tragen. Dieser ist in 16 Bewegungsmöglichkeiten über 36 Seilzüge steuerbar, um sprechen, lachen, die Augen rollen, zwinkern oder die Stirn runzeln zu können.

Fuchurs Haut besteht aus etwa 10000 handtellergroßen Schuppen und 100kg rosa Angorawolle. (Was für eine Arbeit.) Der Maskenbildner Arthur Collin schuf das knuddelige Gesicht des "Glücksdackels". Bis es seine endgültige Form aufwies, waren auch einige Versuche notwendig, die beim Regisseur nicht immer ankamen. Aber auch danach bot der Glücksdrache immer wieder Anlaß zu liebevollen Spötteleien.

Wenn der Glücksdrache in seinen vielen Bewegungen eingesetzt werden soll, dann müssen in den Szenen, in denen er mitspielt, viele Techniker seine Seilzüge koordiniert bewegen. Nur durch das perfekt abgestimmte Zusammenspiel der Techniker, die jeder für sich nur einzelne Bewegungen veranlassen, entsteht eine natürliche Bewegung des Drachen. Das erfordert natürlich entsprechend viel Übung. Zur besseren Vorstellung wurde die aktuelle Szene live auf dutzenden TV-Monitoren übertragen. Obendrein mußten die Techniker genügend gut verborgen sein. Das Problem mit der örtlichen Trennung wurde in der Szene vor der Höhle ganz einfach gelöst. Fuchur verdeckt mit seiner vollen Größe die Technik die leicht unter der Bühne und hinter dem Rücken des Drachen arbeitet.

Das große Modell tritt wird in allen Szenen verwendet, in denen einer der Buben auf Fuchur reitet. Weiterhin der Szene vor der Höhle und am Schluß des Films in der verlassenen Magnolienblüte des Palastes. Ob der Fuchur in den Münchener Bavaria Studios der originale ist, weiß ich nicht. Ich habe mal einen in Babelsberg gesehen, wo ja auch die zwei Fortsetzungen gedreht wurden. Auf jeden Fall kann man auf dem Münchener selbst reiten, auf einem Sattel allerdings.

Wesentlich kleiner ist das zweite Modell, nämlich nur 40 cm. Trotz des Größenunterschiedes durfte es keine merklichen Unterschiede zum großen Bruder aufweisen. So mußten die Maskenbildner etwa 2000 stecknadelgroße Schuppen aufkleben. Eine wahre Sysiphusarbeit für Ute Trinks. Das Drachenfell bestand eigentlich aus Kaninchenfell. Die kleine Version ist mit 24 Bewegungsrichtungen voll beweglich und wurde von unten über unsichtbare Führungsstangen gesteuert. Diese an die Muppets erinnernde Technik wurde jedoch elektronisch realisiert und benötigte eine halbes Jahr Entwicklungs- und Probierzeit. Diesen Fuchur sehen wir immer in Flugszenen als kompletten Drachen.

Der Werwolf Gmork

Der Gmork ist hinter den Kulissen eigentlich nur ein sprechender Kopf. Aber was für einer. Denn um die für die Sprache nötigen Bewegungen von Lippen, Nase, Zunge usw. zu simulieren, waren 59 verschiedene Bewegungen am Modell einzubauen. Wie beim Glücksdrachen wurde die Mechanik unter der Leitung der Obertüftler Juan und Guiseppe Tortora gebaut. Sein Aussehen verdanken wir wieder dem Maskenbildner Arthur Collin. Für die vielen Bewegungen waren diesmal sogar 17 Bediener notwendig, koordiniert von Bob Easton. Ohne die Videovorschau gar nicht mehr zu realisieren. Wie lange die Bauzeit und die Übungszeit der Bediener bemessen war, weiß ich nicht. Jedenfalls waren die Szenen wohl nach 2 Stunden im Kasten.

Für die wenigen Einstellungen, in denen der Gmork in Bewegung zu sehen ist, wäre es zu aufwendig (und zu teuer) gewesen, ein bewegliches Modell zu bauen. Man suchte nach einfacheren Möglichkeiten. Die Idee, bei der Verfolgungsjagd durch die Sümpfe der Traurigkeit eine Dogge als Wolf auszustaffieren, wurde fallengelassen. Trotz aller maskenbildnerischen Tricks wirkte das Tier hinterher noch immer wie eine Dogge. So wurde die Verfolgung kurzerhand aus der Sicht des Gmork gedreht. Es wurde nur Sekundenbruchteile in die Totale gewechselt, in der dann auch nur die Tatzen oder der Kopf zu sehen sind. Etwas billig sieht der tote "Plüsch-Gmork" aus, der nach dem Kampf gegen Atréju zu sehen ist.

Die uralte Morla

Weil die eigentlich riesige Schildkröte, die laut Drehbuch etwa 15m hoch ist, viel zu aufwendig aufzubauen war und schon gar nicht in einem Studio, da wurden gleich drei verschieden große Modelle erstellt.

Das kleinste Modell ist nur 50 cm hoch und trägt eine spielzeuggroße Atréju-Figur. Wir sehen dieses Modell nur in der Seitenansicht, wenn Fernaufnahmen von der Morla gezeigt werden. Für diese Einstellungen war es ausreichend, daß dieses Modell nur den Schuppenpanzer heben kann.

Das nächstgrößte Modell ist 3 m hoch. Diese Konstruktion aus Gips, Maschendraht, Holz und entsprechender Sumpfverkleidung wurde für die Nahaufnahmen vorgesehen, vor allem für den Dialog. Deshalb mußte auch hier der Kopf "sprechen" können. Wie beim Glücksdrachen und dem Gmork wurden die Bewegungen über Seilzüge und eine Bediencrew realisiert. Für den Dialog mit Atréju wurde das Sprechen der Morla getrennt von Atréju aufgenommen, welcher seinen Part auf dem Baum vor einer Blue-Screen Wand spielte.

Eigentlich kein Modell der Schildkröte war die dritte Version der Morla. Vielmehr eine 10 m hohe Schlammrutsche, die 2 m über dem Boden endete. Von der Morla ist dabei nur ganz kleiner Teil ihres Panzers zu sehen, nämlich gerade der mit dem abbrechenden Baum oben und der Bereich, in dem Atréju runterrutscht. Problematisch war bei diesem Aufbau die Materialbelastung. Aus verschiedenen Gründen zogen sich die Aufnahmen von Atréjus Rutschpartie einen ganzen Tag hin. Es wurden etliche Male Schlammeiner augekippt, was langsam die Dekoration auflöste. Aber ich denke, im Film ist nichts zu bemerken. Ein Lob an die Produktionsmannschaft.

Die Wesen Fantasiens im Elfenbeinturm

Im Elfenbeinturm sollten sich die Vertreter aller Wesen Fantasiens treffen. Das war eine schwierige und scheinbar teure Aufgabe für die Trickspezialisten. Letztendlich traten 78 Creatures ins Set, darunter Vogelmenschen, Eisköpfe, Zwerge usw. Damit sich diese geringe Anzahl an Figuen trotzdem nicht im großen Magnolienpalast verlor, mußte die Regie geschickte Einstellungen auswählen.

Besonders hervorheben möchte ich die Wesen mit den zwei Gesichtern. Also wie ich die Sache verstanden habe, wurde für sie eine Maske angefertigt, die seitlich am normalen Gesicht des Schauspielers anbracht wurde und noch einmal genauso aussieht. Das zusätzliche dritte Auge wird elektronisch mitbewegt. Dieser Trick wurde von Nigel D. Trevessey umgesetzt.

Zum Schluß noch ein paar Worte zum Chefarzt Cairon. Im Originalbuch von Michael Ende ein Zentaure, war die erste Idee der Umsetzung ein Wasserwesen, das in einer Badewanne hereingetragen werden sollte. Dies erwies sich zu "schwer" umzusetzen, einfach wegen des großen Gewichts der vollen Wanne. Also wurde der Schauspieler Moses Gunn so verkleidet, daß er wenigstens noch einen großen Eindruck hinterließ. Dazu bekam er einen kammartigen Knochen auf den Kopf und mußte stark erhöhte Schuhe tragen. Mitsamt seines langen Umhangs eine enorme Stolpergefahr für Herrn Gunn. Angeblich soll genau so ein Unglück auch passiert sein, als er den Stufen zu nahe kam. Es ist aber nichts ernsthaftes passiert.

Der Nachtalb

Nachdem in eine Trickfigur des Nachtalben viel Zeit und Geld investiert wurde und diese dann mehr einer großen Bockwurst glich, wurde die Trickfigur einfach gestrichen und ein Schauspieler mußte ran. Das war Tilo Prückner und er war richtig stolz auf diese Rolle. Was er nicht wußte, war, wie lange es dauern würde, die Maskerade anzulegen. Denn der Maskenbildner Colin Arthur leistete ganze Arbeit. 4 Stunden Schminken und wenigstens 40 Minuten Abschminken erfordern viel Geduld.


Die Verwandlung von Tilo Prückner in den Nachtalben begann mit 12 Gummimaskenteilen im Gesicht. Um realistische Behaarung an Armen und Beinen zu bekommen, mußte seine eigene ersteinmal runter. Und zwar damit das aufgeklebte Fell hinterher schmerzfrei wieder runter geht. Dann bekam er Handschuhe mit Krallen. Weiter folgten die Perücke das Gebiß, die moströse Stirn und die Füße.

Die verschlafene Fledermaus

Die Fledermaus ist 2,30 m groß und hängt an einem Ast oder fliegt durch Fantasien. Unter diesen Voraussetzungen erhielt sie ein originalgroßes Modell. Es war auch verhältnismäßig leicht zu steuern. Zwei Mann pumpten mit einem Blasebalg den Brustkorb auf und ab. Ein Mann bewegte die Nasenlöcher und einer die Augenlider.

Die Rennschnecke

Der 3,5 m langen Schnecke mit den Schaumgummihörnern verlieh der Spezialist Colin Arthur sein niedliches Aussehen. Mit dem eine halbe Million teuren Modell wurde insgesamt drei Tage gedreht. Die Bewegungen des Kopfes steuerten 7 Mann. Für die rasante Fahrt durch den Haulewald genügten Zwei. Um das 200 Kilo schwere Vehikel zu wurde ein kräftiger Elektromotor eingesetzt. Dieser war letztendlich doch ein wenig überproportioniert. Und so passierte es einige Male, daß die Schnecke aus ihrer Bahn brach, was weder der Dekoration, dem Reiter noch der Schnecke selbst gut tat. Man sieht davon jedoch nichts, unter anderem weil für eine realistische Fahrt eine Menge Staub durch Düsen am Boden des Modells geblasen wurde.

Der Felsenbeißer

Der mit zu den imposantesten Figuren gehörende Felsenbeißer existierte gleich in drei Modellen.

Das erste Modell stellt den sitzenden Felsenbeißer dar, wie er am Lagerfeuer, in der Spukstadt und Atréju bzw. Bastian winkend zu sehen ist. Das 1,60 Meter große Modell besteht vorwiegend aus bemaltem Schaumstoff. Für seine Bewegungen waren 8 Puppenspieler unter der Bühne beschäftigt. Mit Hebeln und Schiebern steuerten sie die Augen, Backen, Ohren, seine Oberlippe, die Nase, Finger und die Stirn. Unverzichtbar wie bei allen "Fernsteuerungen" - die Videomonitore.

Der Felsenbeißer auf seinem Vehikel bildet das zweite Modell. Es ist jedoch im Film nur wenig zu sehen, als es durch den Haulewald braust. Vom Felsenbeißer selbst sind nur die Augen und die Füße auf den Pedalen ferngesteuert beweglich. Das schwere Felsenrad wird durch einen Elektromotor in der Welle bewegt. Die Batterien sind im Sattel untergebracht. Für das 100 kg schwere Modell war der Antrieb wieder zu kräftig, zumal das Gefährt keine eigentliche Bremse hatte, außer der Motorbremse.

Das dritte Modell wurde einzig für die Einstellung angefertigt, in der der Felsenbeißer von seinem Rad absteigt. Weil kein mechanisches Modell den Bewegungsablauf natürlich hinbekommt, ist dieser Felsenbeißer eine Gummihülle, in die ein Mensch schlüpfen mußte. Nach einiger Suche nach einem geeigneten Träger, bei der erst zu große Leute ausgesucht wurden, übernahm der Schauspieler Colin Guilder die Rolle. Diese war jedoch nicht einfach. Das 20 kg schwere "Kostüm", mit dem Sehschlitz im Bauch war sehr warm und sehr unbeweglich. Von allein konnte sein Träger nach einem Sturz nicht mehr aufstehen.

Wer mir noch mehr zu diesem Thema sagen kann, den bitte ich, mir einfach mal zu mailen.


Design von Gerald und Paulchen